Was in Schulen und Kitas in der DDR anders war

Erschienen SUPERillu-Sonderheft 2/2019 – “Das war die DDR” , ab 29. Mai 2019 im Handel

An den ersten Satz im Russisch-Schulbuch der fünften Klasse können sich viele Ostdeutsche noch gut erinnern.´ „Nina, Nina, tam Kartina, eto Traktor i Motor“. Eventuell kommt ihnen noch „Dostoprimetschatelnosti“ über die Lippen, „Sehenswürdigkeiten“. Aber dann setzt es meist aus. Die mindestens fünf Pflichtjahre Russisch-Unterricht, die jeder ostdeutsche Schüler zu absolvieren hatte, gingen an vielen fast spurlos vorüber. Immerhin haben die meisten älteren Ostdeutschen ihren westdeutschen Altersgenossen bis heute voraus, dass sie in der Regel das kyrillische Alphabet mühelos entziffern können. Es gibt aber auch Ausnahmen.

Einige Ostdeutsche, wie zum Beispiel die Kanzlerin haben im Russisch-Unterricht gut aufgepasst, später vielleicht sogar in der Sowjetunion studiert, und sind oft bis heute beruflich und privat mit den Ländern der Ex- Sowjetunion verbunden – ein menschlicher Schatz, Deutschland bis heute profitiert. Darunter litten allerdings die Englisch- Kenntnisse. Diese wurden als Wahlpflichtfach erst ab der siebten Klasse vermittelt. Die Schulausbildung in der DDR war ansonsten recht praxisnah, inklusive „Einführung in die sozialistische Produktion“ als Unterrichtsfach, vielen Arbeitsgemeinschaften, Ernteeinsätzen von Oberschülern und Besuchen in Betrieben. Begehrt waren die Abiturplätze an den Erweiterten Oberschulen. Pro Jahrgang bekamen maximal 10 Prozent aller Schüler dafür die Zulassung.

Neben guten Noten brachten Aktivitäten beiden Jungen Pionieren und in der FDJsowie eine „Herkunft aus der Arbeiterklasse“bei der Auswahl Pluspunkte.Auch ansonsten spielte die sozialistischeIdeologie an den Schulen eine große Rolle. Anders als in den 50er-Jahren, als die zwei sozialistischen Jugendorganisationen noch mit der christlichen „Jungen Gemeinde“ gleichauf um Mitglieder buhlten, waren in den 70er- und 80er-Jahren fast alle Schüler bei den Pionieren oder der FDJ. So eröffneten Lehrer ihren Unterricht am Morgen denn auch mit dem Gruß der Pioniere („Für Frieden und Sozialismus, seid bereit“, „Immer bereit“) oder dem Gruß der FDJ („Freundschaft“). Ein politisches Qualfach war fürviele „Staatsbürgerkunde“. Seit 1978wurde auch „Wehrkunde“ unterrichtet. Sie war für die neunten und zehnten Klassen verpflichtend und beinhaltete für die Jungs ein zweiwöchiges Wehrlager, unter anderem mit Handgranatenzielwurf, und für Mädchen ein Lager für „Zivilverteidigung“ inklusive Training für den Selbstschutz im Falle eines Atomkriegs.#

Als vorbildlich gilt bis heute das System der Krippen und Kindertagesstätten der DDR und die Ganztagshortbetreuung für Schulkinder. Es gab nicht nur einen Rechtsanspruch auf einen Krippen- oder Kita-Platz – der Staatv erfüllte diesen auch. In diesem Bereich herrschte also keinerlei Mangelwirtschaft. Das lag daran, dass die SED mit diesem üppigen Angebot auch politische Interessen verfolgte. Erstens hatten beide Elternteile damit Zeit, voll zu arbeiten, was den Arbeitskräftemangel in der Wirtschaft linderte. Und zum Zweiten stellte die umfassende staatliche Ganztagsbetreuung eine gute Gelegenheit dar, schon von frühester Kindheit an auf die Erziehung der Kinder im Sinne der sozialistischen Ideologie Einfluss zu nehmen.

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