Der Tag, als die Schuldenbremse starb



Der 18. März war bekanntlich schon mehrmals ein historisches Datum für Deutschland, u.a. zur Märzrevolution 1848 und zur Volkskammerwahl 1990.

Aus aktuellem Anlass zu diesem 18. März 2025: Chapeau für Friedrich Merz, dass er sein Schuldenpaket überhaupt durchbekommen hat und seine Kanzlerschaft mit entsprechend dicken Eiern antritt. Eierwurf dafür, dass die Vorgehensweise, das noch vom alten Bundestag beschließen zu lassen, doch in der Tat sehr fragwürdig ist. Da hat ausnahmsweise sogar die Alternative für Russland mal recht. Klar auszusprechen, dass es darum geht, diese Sache nicht mit Heidi von der Linkspartei verhandeln zu müssen, wäre ehrlicher gewesen als Zeitdruck vorzutäuschen.

Angesichts der Tatsache, dass mit Putin Hitler 2.0 in Moskau an der Macht ist- gefährlicher als Hitler, denn Putin hat anders als Hitler Atomraketen – ist es zweifellos nötig, gegen diese Bedrohung aufzurüsten, da sind sich Union, SPD, Grüne und FDP nach langen Jahren einer parteiübergreifenden Gas-Appeasement-Politik, die das größte Politikversagen in der Geschichte der Bundesrepublik darstellt, endlich berechtigterweise einig. Aber dass daneben und vor allem in einem Paket beschlossene 500 Milliarden- „Sondervermögen“ für was auch immer, mit blumigem Zweck „Infrastruktur“, „Bildung“, „Klimawandel“ ist Selbstbedienung pur. Alle beteiligten grade und demnächst Regierenden teilen sich die Beute. Bund, Länder, Kommunen, Konservative, Sozialdemokraten, Grüne. Nur die FDP als Anwalt eventuell auch weil „besserverdienender“ eher Freiheitsliebender und deswegen einem schlanken Staat verpflichteter Steuerzahler war aus exakt diesem Grund dagegen. Zweckgebunden jeweils zur Bedienung ihrer Klientel. Wer denkt an Deutschland? Die LINKE Freibier für alle Fraktion und die BSW-Neurotikerin im roten Designer-Kleid lassen wir mal weg.

Am 18. März 2025 im Deutschen Bundestag

Die neue Kleinko (statt Groko) wird diese wahrscheinlich rund EINE BILLION EURO, rechnerisch 12000 Euro pro Einwohner Deutschlands, Kleinkinder, Rentner und „Bürgergeld“-Empfänger dabei eingerechnet, die eh nix dazu beitragen können, dafür die anderen mehr, vor allem zur Beruhigung des deutschen Wahlvolks ausgeben, um sie vor unangenehmen Wahrheiten zu beschützen. Der bitteren Wahrheit zum Beispiel, dass sowohl die Sicherheit in einem von russischen Faschisten bedrohten Europa als auch die generellen Herausforderungen der Globalisierung und der Umwelt/Klima-Problematik uns einen Teil unseres Wohlstands und unseres Sozialstaats kosten werden. Und uns zwingen werden, unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft zukunftsfähig umzubauen- was eventuell, wenn wir alle Möglichkeiten nutzen, gar nicht so schwierig ist. Nur halt definitiv gewisse Härten bringen wird. Besser als die Menschen in Sicherheit zu wiegen, wäre eine Churchill-Rede.

Ein Eierwurf deswegen vor allem von den Kiddies, die diese Schulden auf ihrer Payroll haben werden. Daneben auch noch einer von mir dafür, dass dieser Schuldenschub natürlich auch noch für unsere Generation einen enormen Inflationsschub verursachen wird. Trifft- stimmt auch, in der Erbengeneration aber keine Armen. Nebenbei hat’s auch genau unsere Boomer- und Nutella-Generation- die grade an der Macht war oder ist, ja auch mit ihrem Wohlfühl- und wir machen alles so wie gehabt -Syndrom versiebt.

Wir legen wie Hardy Krüger im Flug des Phoenix grade die letze Starter-Patrone unserer liberalen, freiheitlichen Wohlfühlgesellschaft ein – in der Hoffnung, uns bald wieder in die Lüfte zu erheben. Hoffentlich zündet sie.

Die Frankfurter Allgemeine über Superillu

Lesenswert: Mark Siemons in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ über den von u.a. von mir gestalteten Politik-Teil der Zeitschrift Superillu:

„Auch diese Sprache wird nicht näher bestimmt, doch ein Merkmal der „Superillu“ ist, dass ihr Ton im Kontrast zu ihrem äußeren Erscheinungsbild und ihren boulevardesken Anfängen von besonderer Sachlichkeit und auffallendem Wohlwollen geprägt ist. Sarkasmen und unterschwellige Nachreden sind hier nicht zu finden. Mit politischen Urteilen gehen die redaktionellen Beiträge sparsam um. Meistens übernehmen ostdeutsche Gastautoren und Interviewpartner diesen Part, etwa wenn Gregor Gysi eine Ost-Quote für Führungspositionen fordert oder wenn die Fernsehmoderatorin An­drea Kiewel den Mut und die Gelassenheit der Polizeibeamten bewundert, die sich von Corona-Leugnern beschimpfen lassen müssen. Gegen populistische Schlagzeilen ist die „Superillu“ nicht immun – auf dem aktuellen Titelblatt wird zum Beispiel der Volksbühnen-Star Henry Hübchen mit dem Satz „Genderwahn und Russenhetze – mir reicht’s!“ zitiert –, doch wenn es um die Demokratie selbst geht, nimmt sie deutlich gegen AfD, Querdenker und andere gern dem Osten zugeschriebene Tendenzen Stellung. Fast sieht es so aus, als wolle das Burda-Organ dialektisch mit der Ost-Identität umgehen, indem es sie einerseits bestärkt, ihr andererseits aber eine spezifische, möglicherweise gegen die Gesamtgesellschaft gerichtete politische Spitze nimmt.“

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/ost-zeitschriften-und-der-blinde-fleck-des-westens-17815983.html?premium

Lassen Sie uns über Thälmann reden

Unter diesem Motto brachte ich – schon fast zehn Jahre her, zwei einstige DDR-Thälmann-Pioniere zusammen: den damaligen Linken-Politiker Stefan Liebich. Und den damaligen CDU-Politiker Phillip Lengsfeld. Beide sind heute nicht mehr im Bundestag, haben ihren Parteien aus unterschiedlichen Gründen den Rücken gekehrt. Die Argumente, die sie für oder wieder den Erhalt des großen Berliner Thälmann-Denkmals vorbringen, sind aber bis heute aktuell – weil eine neue Debatte um Abriss oder Renovierung entbrannt ist.
Hier das Streitgespräch, erschienen in SUPERillu Heft 35/2013, S. 18/19

https://www.dropbox.com/s/xhhgx2zn9kc729r/Th%C3%A4lmann%20SUPERillu.pdf?dl=0

Der Kult um Liebknecht

Die jährliche Märtyrer-Show der Links-Partei zum Gedenken an die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg am 15. Januar 1919 ist, weil Aufmärsche der Werktätigen – die ja wochentags arbeiten müssen – seit dem Ende der SED-Diktatur seit 1989 schwerer zu organisieren sind, immer an einem Sonntag, also meist nicht am eigentlich Jahrestag der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, dem 15. Januar 1919. https://www.berliner-zeitung.de/news/berlin-gedenken-an-rosa-luxemburg-und-karl-liebknecht-li.204949?fbclid=IwAR39REh_Jz-YUmFdf9wSf-d4sC0Jmn41W2jE2gf0aiR-5EYLsMJro5MUnBc


Von „stillem Gedenken“, wie in der Überschrift dieses Artikels, kann dabei keine Rede sein. Im Gegenteil, es geht ja darum, möglichst viel öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Legitim bei politischen Events, machen die anderen auch nicht anders. 2022 war der Luxemburg/Liebknecht-Marsch bereits am Sonntag, dem 9.Januar, ist also schon wieder ein paar Tage her. Am Ort des Geschehens, der Berliner „Gedenkstätte der Sozialisten“ am Friedhof Berlin-Friedrichsfelde, wo neben zahlreichen Spitzenfunktionären der SED-Diktatur auch viele Personen der Zeitgeschichte ruhen, die sich wegen der Gnade frühen Todes, zuviel Moralin oder nur mittelmäßiger Performance im SED-Apparat nach ihrer Verfolgung durch die Nazi-Diktatur auch nur mittelmäßig bis gar nicht biographisch beschmutzen konnten oder auch wollten (wie z.B. Robert Siewert https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Siewert und einige andere), gibt es neben Liebknechts Ehrengrab auch einen – recht kleinen Gedenkstein für die Opfer der kommunistischen Diktatur, der zumindest von einigen der Beteiligten – das sei hier anerkennend erwähnt – dabei ebenfalls eines Besuches bedacht wird. Von denen speziell, die genau wissen, dass viele der Abermillionen Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft, die zwei Drittel der Fläche Europas mehr als 40 Jahre beherrschte (und ein Drittel mehr als 70 Jahre) und die uns Nachgeborenen nach deren Zusammenbruch ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Ruinenfeld hinterließen, selber kommunistischen Glaubens waren. Leider sind das da nicht viele. Einige schauen auch nur schnell Alibi-mäßig vorbei.

Für die Demokratie in Deutschland war es zunächst ein Glücksfall, dass anders als in Russland die Unterstützer der kommunistischen „Räterepublik“ – die schon damals, mehr als ein Jahr nach Lenins Oktoberputsch in Petrograd als Gewaltherrschaft für alle Informierten, zu denen sicher auch Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gehörten, erkennbar war – 1919 in Deutschland trotz ihrer Gewaltbereitschaft nicht durchkamen. Sie wären auch ohne diese zweifellos abscheulichen politischen Morde an diesen beiden Politikern mit ihrem Bestreben, in Deutschland eine „Räterepublik“ nach Lenins Vorbild einzurichten, nicht durchgekommen. So linksgestrickt Deutschland, das Land in dem der Kommunismus erfunden wurde, sein mag: für den Weg in eine radikale kommunistische Umerziehungsdiktatur gab es weder nach 1918 noch nach 1945 eine Mehrheit im deutschen Volk. Es wird sie auch in der Zukunft nicht geben. Sehr wohl sicherlich für einen am Gemeinwohl orientierten demokratischen, pluralistischen und rechtsstaatlichen Sozialstaat. Zusammenfassend: Die SPD-Politiker Friedrich Ebert und Gustav Noske, die in ihrer Not zwar faule Kompromisse eingingen, aber mit den Morden an Liebknecht und Luxemburg zumindest in direkter Befehlskette nichts zu tun hatten, bekommen für ihr „robustes“ Vorgehen gegen deren Gesinnungsgenossen wie im Berliner Zeitungsviertel und anderswo sicher keinen Preis vom „Zentrum für politische Schönheit“ – hatten aber recht. Und viele andere Begründer dieser ersten deutschen Demokratie, von SPD-links bis Zentrums-konservativ, die diese historische Chance unterstützten, ebenfalls.

Der Zentrums-Politiker Matthias Erzberger, der 1918 die bittere Pflicht übernahm, an Kaisers Statt den Waffenstillstand zu unterschreiben, der einer Kapitulation gleich kam, wurde 1921, nebenbei, in ähnlichen Umständen und von einer ähnlichen Rechtsaußen-Mischpoke wie Liebknecht und Luxemburg ermordet. Daran, dass die erste deutsche Demokratie 14 Jahre später scheiterte, tragen diese elenden geistigen Pickelhauben, die sowohl die Morde an Liebknecht als auch an Erzberger gut hießen, eine große Mitschuld, aber auch die von Liebknecht gegründete deutsche KPD- auch wenn er da schon lange tot war und für Thälmann nichts konnte. Erz-Stalinist Thälmann zumindest scheint der heutigen „Linken“ zumindest etwas peinlich, jedenfalls machen sie zum Jahrestag seines – unstreitig von ganz, ganz bösen Nazis verursachten – Todes im KZ Buchenwald 1944 keine so große Show. Legt „Die Linke“ für den wie Liebknecht ebenfalls von Rechtsradikalen ermordeten Matthias Erzberger auch jedes Jahr (in diesem Fall am 26. August) einen Kranz nieder? Umgekehrt: Treffen sich jedes Jahr die Spitzen von CDU und CSU, faktische Nachfolger von Erzbergers Zentrumspartei, jedes Jahr publikumswirksam an dessen Grab zur öffentlichen Beweihräucherung und fordern Revanche? Was Erzberger – nebenbei – anders als Liebknecht – sicher verdient hätte. Nicht die Revanche natürlich – nur das Gedenken. Oder wollen wir den (Horror-)Film von 1919-1933-1945 noch bis 2119-2133-2145 weiterspielen? Oder lieber gemeinsam, gut informiert und schlauer geworden, aber nicht biographisch belastet durch die Vergangenheit, nach pragmatischen Kompromissen für die Gegenwart und Zukunft suchen? „Die Linke“ ist da mit diesen 15. Januar-Shows doch recht vergangenheitslastig. „Modern links“ sieht anders aus. Oder ist links gar nicht modern?

EASTBlog – Deutschland- und Osteuropa-Blog des Journalisten Gerald Praschl