Archiv der Kategorie: Gerald Praschl

Babyn Yar – Ort des Todes inmitten der Großstadt

Offiziell ist die ganze Gegend rund um die Schlucht von Babyn Yar, mitten in Kiew gelegen und umgeben von vielbefahrenen Schnellstraßen ein öffentlicher Park. Aber je näher man der Schlucht kommt, umso menschenleerer wird es.  Hier will keiner spazieren gehen. Die Wege sind verwildert. Am Rand der Schlucht mahnen ein einer jüdischen Menora nachempfundenes Denkmal und vereinzelte Kreuze zur Erinnerung an das, was hier geschah.
Von 1941 bis 1943 ermordeten die deutschen Besatzungstruppen hier über 100 000 Ukrainer, überwiegend die jüdische Bevölkerung von Kiew und Umgebung, daneben u.a. ukrainische Widerständler und gefangene Rotarmisten. Die Massaker von Babyn Yar sind nur einige der unzähligen Verbrechen, die Deutsche auf ukrainischem Boden begingen, aber der Name wurde auch deshalb Synonym, weil sie, anders als die meisten anderen Taten, zumindest gut dokumentiert sind. Der Leiter der Einsatzgruppen, Paul Blobel, ließ kurz vor der sowjetischen Rückeroberung der Stadt 1943 noch zehntausende Tote in der Schlucht exhumieren und verbrennen, um Spuren zu verwischen. 1951 wurde er in Landsberg am Lech hingerichtet. Doch die meisten Täter blieben unbehelligt.

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Zeitreise in die ukrainischen Dörfer des 16. Jahrhunderts

Auf zahllosen Dörfern der ländlichen Ukraine finden sich bis heute viele Zeugnisse der Vergangenheit, weit mehr als „im Westen“ – alte Bauernhäuser vergangener Jahrhunderte,  Kirchen und Mühlen – auch wenn die meisten Dörfler inzwischen in modernere Gebäude nebenan umgezogen sind.  Doch die Fotos hier entstanden mitten in der Millionenstadt Kiew. Das dortige „Museum für Volksarchitektur und Brauchtum der Ukraine“ , im Süden der Hauptstadt gelegen, wirbt für sich selbst als „größtes Freilichtmuseum Europas“. Und wenn man einmal versucht hat, die 131 Hektar große Park- und Waldlandschaft, nur wenige Kilometer vom quirligen Maidan und der belebten Prachtstraße Kreschtschatik entfernt,  an nur einem Tag zu erkunden, dann glaubt man das. Ein Spaziergang, der eine einmalige Zeitreise ist.
Über 300 alte Bauernhäuser wurden aus allen Teilen der Ukraine herangeschafft, wiederaufgestellt und restauriert, verteilt auf mehrere historische „Dörfer“, die einzelne Landschaften des riesigen Landes, das doppelt so groß ist wie Deutschland, repräsentieren:  Podolien, Polesien, Wolhynien, die Karpatenregion, das Land zu beiden Seiten des Dnepr.

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Berdytschiw, Ukraine. Die Juden, Balzac, ein Kloster. Und das Bier.

Der deutsche Wikipedia-Eintrag zu der ukrainischen Stadt Berdytschiw (Бердичівumfasst nur rund 6000 Zeichen. Ein Drittel davon, der Haupttext, beschäftigt sich mit der Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerung der Stadt durch die deutschen Besatzungstruppen 1941/42. Mehr als 30 000 jüdische Einwohner der Stadt wurden damals von den Deutschen umgebracht. Als die Sowjets im Januar 1944 die Stadt befreiten, trafen sich von der einstigen jüdischen Mehrheitsbevölkerung von Berdytschiw noch 15 Juden lebend an.

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„Ukraina incognita“ – die geheimen Kulturschätze ukrainischer Dörfer

Die meisten, die an diesem Sonntag morgen um sieben in dem Kleinbus an der Metro Schitomirskaja in Kiew sitzen, sind keine Touristen, sondern Einheimische aus Kiew. Ein Geschäftsmann, der mir erzählt, er wäre lieber Historiker geworden, aber damit könne man ja kein Geld verdienen, einige reifere Damen auf gemeinsamem Sonntagsausflug, eine junge Hobby-Fotografin. Sie sind selbst Ukrainer. Und die Ziele unserer Tour, einige Dörfer im Gebiet zwischen Kiew und Shitomir, liegen kaum mehr als 100 Kilometer Luftlinie von der ukrainischen Hauptstadt entfernt. Doch auch für sie ist es eine Tour ins Unbekannte, nach „Ukraina incognita“, wie der Kiewer Historiker Roman Malenkow, der selbst am Steuer sitzt, seine kleine Reisefirma nannte, die diese Fahrten anbietet. http://incognita.com.ua/uk

Die Barockkirche von Iwankiw im Schitomirer Gebiet (Ukraine)
Die Barockkirche von Iwankiw im Schitomirer Gebiet (Ukraine)

Wer in der Ukraine in der Stadt wohnt, noch dazu in der Metropole Kiew,  für den ist die Welt der ukrainischen Dörfer in der Regel wie Ausland, außer er hat dort Verwandte.  Schon wegen der schlechten Straßen dort draußen biegt keiner freiwillig von den wenigen großen Magistralen ab, die die Bezirksstädte des Landes miteinander verbinden. Anders als in Deutschland unterscheiden sich die Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land enorm.

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Unterwegs in der „Zone“ von Tschernobyl

Mehr Fotos: http://www.fotonikola.com/chernobyl-2006/
„Tschernobyl- das letze Signal vor dem Overkill“, reimte der deutsche Sänger Wolf Maahn im Juli 1986, kurz nach der Katastrophe. Vor 120 000 Menschen sang er damals in der oberpfälzischen Kleinstadt Burglengenfeld, meinem Geburtsort, beim „Anti-WAAhnsinnsfestival“ gegen die Atomkraft an, 20 Kilometer von der Baustelle der damals geplanten Wiederaufarbeitungsanlage für radioaktive Kernbrennstäbe im bayerischen Wackersdorf entfernt.

Deutschland war damals in Angst vor dem „Fallout“.

Die Massen stürmten auf Iod-Tabletten gegen Schilddrüsenkrebs. Züge voller Milchpulver wurden beschlagnahmt. Auch die Waldpilze wurden zum Entsorgungsfall. Endzeitstimmung breitete sich aus. Heute, 20 Jahre später, gibt es Deutschland immer noch. Die Ukraine auch. Der „Overkill“ von Wolf Maahn blieb aus. Aber welche Folgen hatte der Super-Gau, der „Größte anzunehmende Unfall“, die unkontrollierte Kernschmelze von Tschernobyl wirklich? Ich war gemeinsam mit dem Fotografen Nikola Kuzmanic  vor Ort, genau 20 Jahre später. Hier mein 2006 verfasster Bericht, der leider auch zehn Jahre später nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.

Unterwegs in der "Zone" von Tschernobyl, Ukraine, 2006
Unterwegs in der „Zone“ von Tschernobyl, Ukraine, 2006

Gemeinsam mit dem Fotografen Nikola Kuzmanic und Valentin, einem Strahlenexperten des ukrainischen Instituts für Landwirtschaft, fahre ich von Kiew aus in einem alten Lada in das einstige Katastrophengebiet nur 100 Kilometer nördlich der Stadt.

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