Volker Michalowski: Im Knast Bautzen verging selbst mir das Lachen

Sogar als Stasi-Mann holt Spaßmacher Volker »Zack« Michalowski noch Lacher. In Wirklichkeit war er zur DDR-Zeit auf der anderen Seite, bei der Opposition. Mein Beitrag aus SUPERillu, 2006.


Volker Michalowski als Stasi-Schreibmaschinen-Experte in "Das Leben der Anderen" 2006
Volker Michalowski als Stasi-Schreibmaschinen-Experte in „Das Leben der Anderen“ 2006

Eine witzige Szene im Film »Das Leben der Anderen«. Die Stasi hat das Originalmanuskript eines regimefeindlichen Artikels, der im »Spiegel« erschienen ist,in die Hände bekommen. Und versucht jetzt, den Autor zu enttarnen, um ihn zu verhaften. Ein quirliger, kleiner Schriftexperte der Stasi,gespielt von Volker Michalowski, hat das Manuskript untersucht.Und berichtet jetzt seinen Chefs,was er herausgefunden hat. Eigentlich ist der Hintergrund bierernst. Genauso akribisch ist die DDR-Staatssicherheit Andersdenkenden hinterhergejagt. Doch Michalowski spielt den Schriftexperten so witzig,dass der Kinosaal vor Lachen bebt.In der Tat hatte der absurde Jagdtrieb der Staatssicherheit ja auch etwas sehr Lächerliches.

 Am Abend des 6. Oktober 1989 erlebt der damals 18-jährige Dresdner Volker Michalowski am eigenen Leib, dass die Stasi keine Lachnummer ist.„Sie brachten uns ins Gelbe Elend nach Bautzen, den berüchtigten Knast. Als hinter uns die schweren Stahltüren krachend ins Schloss fielen, war mein ganzer Mut verflogen. Meine Knie zitterten. Da verging einem das Lachen. Es hieß, wir wer den alle zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Einer von uns heulte. Er war erst 17.“ Michalowski und seine Freunde sind damals das,was in den Stasi-Akten »feindlich negative Kräfte« heißt.Trotzige junge Leute, die sich auf keinen Fall den Regeln des SED-Staates anpassen wollen.

Am Anfang stehen kleine Entscheidungen, nicht mitzumachen. Wer einen Abiturplatz in der DDR haben will, muss Mitglied der »sozialistischen Jugendorganisation « FDJ sein.Im Interesse einer guten Schulbildung lassen sich viele DDR-Jugendliche breitschlagen, entgegen ihrer Überzeugung Mitglied zu werden und FDJ-Aktivitäten vorzutäuschen. Michalowski weigert sich: „Der Schulleiter machte noch Druck, meinte, ich solle mir doch nicht mein ganzes Leben verbauen. Meine Eltern,die von der SED auch nichts hielten, ließen mich aber gewähren. Sie fanden es, glaube ich, ganz gut,dass ich mich mit dem Staat anlegte.“ Vater Manfred ist von Beruf Beton-Ingenieur. „Vater galt als exzellenter Fachmann. Aber er  war nicht in der SED, eine große Karriere war ihm damit verbaut. Außerdem ärgerte er sich immer furchtbar über die Misswirtschaft. Mal war kein Material da,mal kein Lkw für den Transport.Das machte ihn mit den Jahren immer kritischer gegenüber der DDR.“

Michalowskis Eltern könnten die DDR jederzeit verlassen.Denn Volkers Mutter Ulrike hat einen österreichischen Pass.Michalowski erinnertsich:„Sie blieben, weil sie hier ein Haus, ihre Berufe, Freunde hatten. Sie führten ein geregeltes Leben, Dresden war ihre Heimat.Der größte Teil unseres Alltags war doch ganz normal,wie in jedem anderen Land.“ Statt Abitur will Volker eine Lehre machen. Doch selbst das ist ohne die Mitgliedschaft in der FDJ nicht so einfach. Nach mehreren Absagen besorgt ihm sein Vater einen Ausbildungsplatz als Instandhaltungsmechaniker in seinem eigenen Betrieb, dem VEB BMK Kohle und Energie, der in der DDR große Kraftwerke baut.Michalowski: „Mein Job war dort, Lkw-Anhänger zu reparieren. Das gefiel mir überhaupt nicht und dementsprechend schlecht war ich. Ich träumte davon, Schauspieler zu werden. Doch wie hätte ich das

machen sollen?“

In seiner Freizeit engagiert er sich bei der Jungen Gemeinde knüpft auch Kontakte mit der seit 1986 aktiven christlichen »Kirche von unten«, einer entschlossenen Oppositionsgruppe.Mit Freunden macht er eine Punk-Band auf, sie heißt »Fehlschicht«, gelegentlich dürfen sie in kirchlichen Räumen auftreten. Einen der Liedtexte kann er noch auswendig: „Grauhaarige Opas wollen uns regieren. Wollen unsere Meinung dabei ignorieren. Sie reden von Mitbestimmung, lügen jeden Tag.Ich will zeigen, dass ich sie nicht mag.Generalstreik!“  Dreimal im Wendejahr 1989 wird er von der Stasi verhaftet. Das erste Mal am 13. Februar 1989, dem Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Krieg.Tagsüber läuft eine offizielle Kundgebung der SED. Deren Slogan „Nie wieder Krieg, für Sozialismus“ ärgert ihn. „Vom Sozialismus konnte bei uns doch keine Rede sein. Das war doch nur ein kaputtes,  starres System voller Überwachung, Frust und Angst.“ Kaum haben er und seine Freunde ihre eigenen Protestplakate ausgepackt, werden sie auch schon verhaftet.

Im Juni 1989 wollen sie mit Trommeln in der Dresdner Kreuzkirche gegen das Massaker der chinesischen Kommunisten auf dem »Platz des Himmlischen Friedens« protestieren. Und gegen das Verständnis,das die SED-Führung für den Mord an 3 000 Oppositionellen zeigte.Volkspolizei  und Stasi riegeln das Gotteshaus ab. „Wir versuchten noch abzuhauen. An der Elbbrücke haben sie mich gekriegt.“ Zum dritten Mal wird er bei einer Demo gegen den 40. Jahrestag der DDR im Oktober 1989 verhaftet, verprügelt, nach Bautzen gebracht,dort drei Tage lang schikaniert. Ein Erlebnis,das Michalowski sehr einschüchtert.Bei der nächsten Wende-Demo bleibt er lieber zu Hause. Vier Wochen später, am frühen Morgen des 10. November 1989, stürmt seine Mutter ins Zimmer, weckt den Sohn: „Volker, die Mauer ist offen!“ Volker Michalowski erinnert sich gerne an die wilde Jugend mit seinen Freunden in Dresden. „Eine herrliche Zeit, wir fühlten uns so frei und hatten verrückte Pläne. Dass im Westen nicht alles gut ist, wusste ich damals auch.Aber so wie es kam, ist das schon ganz okay.“ Sein Traum, Schauspieler zu werden, hat sich heute erfüllt.

Mehr über „Das Leben der Anderen“ und das wahre DDR-Leben der Darsteller hier.

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