Von Gerald Praschl
Dramatische Stunden in der Ukraine. Statt die von der EU als Bedingung für die Ende November geplante EU-Assoziierung geforderten Gesetzesänderungen zu unterschreiben, brach das Parlament seine heutige Sondersitzung ab, schickte die EU-Unterhändler Aleksander Kwasniewski und Pat Cox unverrichteter Dinge nach Hause. Und nach einem Treffen des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch mit hochrangigen ukrainischen Wirtschaftsvertretern verkündet Premier Nikolai Asarow: „Die Aufgabe Nummer eins unserer Politik ist es, unsere Beziehungen zu Russland zu normalisieren“.
Das hörte sich in dem Interview, das ich mit ihm im September 2013 in Kiew führte, noch ganz anders an. Da meinte Asarow: „Wir sehen unsere Beziehungen zu Russland und der EU nicht als Gegensatz und werden das auch in der Zukunft nicht tun.“ http://east-blog.de/?p=12 Nach sorgfältiger Abwägung habe man sich für ein Freihandelsabkommen mit der EU und nicht mit Russland entschieden. Das steht nun auf der Kippe und mit jedem Tag wird es unwahrscheinlicher, dass die EU-Delegation, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Assoziierungsvertrag mit der Ukraine wie geplant doch noch Ende November beim Gipfel der „Östlichen Partnerschaft“ in Wilnius (Litauen) unterschreiben können. Viel wahrscheinlicher wird, dass die Ukraine wie bereits im September Armenien, offenbar auf massiven russischen Druck hin, statt ein EU-Freihandelsabkommen zu unterschreiben, der von Russland geführten Eurasischen Zollunion beitritt – was für die Ukraine eine langfristige außenpolitische Weichenstellung bedeuten würde. Unklar ist, was den plötzlichen Sinneswandel herbeiführte – und wo die Entscheidung fiel. Ob im Parlament – oder bei dem Treffen Janukowitschs mit den Wirtschaftsvertretern.
Bemerkenswert: Etwas merkwürdig hochgedreht wirkt allerdings dieser Bericht des ukrainischen Nachrichtensenders „24“. Während Asarow in der Pressekonferenz lediglich davon spricht, seine Priorität Nummer eins sei es, die Beziehungen zu Russland zu „normalisieren“, meldet „24“ hier, „die Priorität der Regierung – die Beziehungen zu Russland“. Kleiner aber feiner Unterschied, liebe Kollegen! Genau hinhören schadet nicht, Asarow ist ein Mann der Zwischentöne…