Historisches Dokument: Die Trauerrede für Erich Mielke (1907-2000)

Trauerrede
zum Ableben von Armeegeneral a. D. Erich Mielke
Minister für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik,
gehalten am 10. Juni 2000

Die folgende Rede wurde vom Verfasser dieser Webseite, Gerald Praschl bei der Beerdigung von Erich Mielke am 10. Juni 2000 in Berlin-Friedrichsfelde auf Tonband aufgezeichnet, zusätzlich hat der Grabredner Willi Opitz selbst ihm ein Manuskript als Datei zur Verfügung gestellt. Der Verfasser dieser Webseite versichert die Authentizität, distanziert sich aber ausdrücklich vom Inhalt dieser Rede. Sie steht hier als historisches Dokument.  Zur Beerdigung selbst hier ein Bericht („Wer weinte um den Herrn der Angst“)

Mielkes Grabredner, Stasi-General Willi Opitz leitete zur DDR-Zeit die Hochschule des MfS in Potsdam
Mielkes Grabredner, Stasi-General Willi Opitz leitete zur DDR-Zeit die Hochschule des MfS in Potsdam

von Willi Opitz

Trauerrede für Erich Mielke

gehalten am 10. Juni 2000 von dem ehemaligen General des „Ministeriums für Staatssicherheit“ (MfS) der DDR, Willi Opitz (Foto) auf dem Friedhof Berlin-Friedrichsfelde. General Opitz war einst der Chef der „MfS“-Hochschule in Potsdam.

 

 

 

„Liebe Gertrud,

werte Familienangehörige,

liebe Genossen und Freunde

Das Kämpferherz des Ministers für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik, Armeegeneral a. D. Erich Mielke, hat am 21. Mai aufgehört zu schlagen.

Mit Erich Mielke verstarb ein Antifaschist, ein Kommunist und Internationalist, der aus tiefster Überzeugung sein Leben in den Dienst der hohen und edlen Ziele der Arbeiterklasse und aller Werktätigen, in den Dienst für Sozialismus und Frieden stellte. Er wollte, dass die Menschen in sozialer Sicherheit, in Geborgenheit und Würde leben und arbeiten. Diesen Idealen fühlte er sich bis zuletzt verpflichtet.

Für dich, liebe Gertrud, ist nun die Stunde des ehrenden Abschieds von

Deinem Dir in Liebe und Treue verbundenen Erich gekommen, für Euch, liebe Inge und lieber Frank, von Eurem herzensguten Vater, und für Dich, liebe Marion, von Deinem auf Dich stolzen Schwiegervater, für Euch, liebe Arlette und lieber Erik, von E urem Euch liebenden Opa. Abschied von Erich Mielke, dem langjährigen Minister für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik, nehmen heute Weg- und Kampfgefähren, die ihn hochverehrten, die ihn schätzen und achten.

 

Stasi-General Gerhard Neiber, einer von Mielkes Stellvertretern, verneigt sich vor seinem Grab
Stasi-General Gerhard Neiber, einer von Mielkes Stellvertretern, verneigt sich vor seinem Grab

Das Leben Erich Mielkes hat sich vollendet. Aber in den Herzen seiner Familienangehörigen, in den Erinnerungen und Gedanken seiner Genossen und Freunde, lebt Erich Mielke, unser Minister, weiter. Im aufrechten Gang durch die von Anfeindungen geprägte Zeit erfüllen wir sein Vermächtnis.Weiter leben und wirken werden sein patriotisches und  internationalistisches Denken und Handeln, seine Erfahrungen, die Lehren aus seinem unermüdlichen Kampf und seine unbeugsame Zuversicht an Sozialismus und Frieden.

Erich Mielkes Lebensweg war der eines Arbeitersohnes, wie ihn viele seiner  Generation gegangen sind, deren Herz links schlug, die sich gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg, für ein menschenwürdiges Leben organisierten, Verfolgungen auf sich nahmen und sich selbst niemals schonten.

Am 28. Dezember 1907 wurde Erich Mielke in einer klassenbewussten  Arbeiterfamilie im Berliner „Roten Wedding“ geboren. Dort besuchte er die Grundschule und anschließend das Köllnische Gymnasium. Er tat sich als junger Lokalreporter der „Roten Fahne“ hervor. Nach einer entsprechenden Ausbildung war er als Speditionskaufmann tätig.

Ob als ganz junger und später mit Lebens- und Kampferfahrung reich  ausgestatteter Mensch: Politische Bildung zu erwerben und zu vertiefen sah er immer als seine, als Pflicht jedes Kommunisten an. Anfangs im Selbststudium und später an der Militärpolitischen Schule in Moskau sowie beim Studium an der dortigen Lenin-Schule erweiterte und vertiefte er seine Kenntnisse, vor allem auf militärpolitischem Gebiet. Das befähigte ihn auch zum Lektor an der Moskauer Lenin-Schule.Erich Mielke wurde ein unbeugsamer Kämpfer gegen Imperialismus, Faschismus und Krieg. Bereits mit 14 Jahren trat er dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands, der von der KPD geführten Arbeiterjugendorganisation bei. Noch 17jährig reihte er sich 1924 – sofort nach Bildung des Roten Frontkämpferbundes – in die antimilitaristische Wehr- und Schutzorganisation klassenbewusster Arbeiter ein. Ein Jahr später wurde er Mitglied der KPD, der Kommunistischen Partei Deutschlands.

Das Grab von Erich Mielke am Tag der Beerdigung im Juni 2000. Es ist ein anonymes Urnengrab nahe der Friedhofshalle in Berlin Friedrichsfelde
Das Grab von Erich Mielke am Tag der Beerdigung im Juni 2000. Es ist ein anonymes Urnengrab nahe der Friedhofshalle in Berlin Friedrichsfelde

In der Zeit der Weimarer Republik beteiligte er sich aktiv an den Kämpfen  seiner Klasse gegen Militarismus und den heraufziehenden Faschismus. Als Internationalist und Verteidiger der Spanischen Republik kämpfte er in den ruhmreichen Internationalen Brigaden gegen die Franco-Soldateska und die faschistischen Legionen aus Deutschland und Italien.Nach der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus durch die Sowjetunion und die Antihitlerkoalition gehörte er zu den Aktivisten der ersten Stunde für ein neues, von der unheiligen Macht des Kapitals und des Geldes befreites Leben im Osten Deutschlands und dessen Schutz.

So als Inspektionsleiter der Polizei in Berlin-Lichtenberg, als Abteilungsleiter Polizei und Justiz beim ZK der KPD und ab Juli 1946 als Vizepräsident der Deutschen Verwaltung des Innern. Am 7. Oktober 1949 wurde die Deutsche Demokratische Republik gegründet, die bisher größte Errungenschaft in der Geschichte der deutschen revolutionären Arbeiterbewegung. Am gleichen Tage wurde Erich Mielke – mit dem Dienstgrad Generalinspekteur – Leiter der Hauptverwaltung zum Schutze der Volkswirtschaft.

In allen diesen Funktionen erwarb er sich herausragende Verdienste beim  Aufbau der neuen Ordnung, bei der Schaffung einer wahrhaftigen Deutschen Volkspolizei, im Kampf gegen die Feinde der  demokratischen Umwälzung, für den Schutz des Volkseigentums und der Lebens- und Arbeitswelt der Menschen. Am 8. Februar 1950 wurde durch Beschluss der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik das Ministerium für Staatssicherheit gebildet. Bewährte Antifaschisten, Interbrigadisten, Widerstandskämpfer, Partisanen und in faschistischen KZ’s und Zuchthäusern Verfolgte aufrechte deutsche Patrioten gehörten zur Gründergeneration des MfS. Unter ihnen auch Erich Mielke.

Stasi-Minister Erich Mielek (zweiter von rechts) in der Nacht des Mauerbaus 1961 im Einsatz. Ein Foto, das sich in den Archiven der Stasi-Unterlagenbehörde fand
Stasi-Minister Erich Mielek (zweiter von rechts) in der Nacht des Mauerbaus 1961 im Einsatz. Ein Foto, das sich in den Archiven der Stasi-Unterlagenbehörde fand

Er wurde Staatssekretär. Und von November 1957 an leitete und führte er das Ministerium, war er unser Minister. Unter seiner Leitung wurde das MfS – und daran kann es auch aus heutiger Sicht keine Abstriche geben – ein erfolgreiches Aufklärungs- und Abwehrorgan zum Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger.Der Sozialismus hatte Feinde – und nicht wenige – gefährliche, skrupellose, gut ausgerüstete Feinde. Um in ihre Konspiration einzudringen und die staatliche Sicherheit zu gewährleisten, erhielt das MfS die Befugnisse zur Anwendung spezifischer Mittel und Methoden. Die Beseitigung der DDR war seit ihrer Gründung  Herrschaftsauftrag des Kapitals, kennzeichnete dessen Politik und Ideologie.

Subversive Tätigkeit der Geheimdienste, der Agentenzentralen und der  zahlreichen anderen feindlichen Stellen und Kräfte rechtzeitig aufzudecken und zu bekämpfen, Agenten und Spione, Diversanten und Saboteure, Terroristen, kriminelle Menschenhändler und andere Feinde der neuen Ordnung zu entlarven und sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen, in die Geheimnisse der sozialismus- und friedensfeindlichen Pläne und  Machenschaften einzudringen, sie aufzuklären und vor allem vorbeugend unwirksam zu machen mitzuhelfen, Ursachen und Bedingungen für jegliche Formen der Kriminalität zurückzudrängen und in Staat und Gesellscahft eine hohe Ordnung für und mit den Bürgern zu gewährleisten, waren Gründungs- und Verfassungsauftrag des MfS als Schutz-, Sicherheits- und Rechtspflegeorgan der DDR unter Führung der SED. Staatliche Sicherheit und öffentliche Ordnung erforderte das Zusammenwirken der verantwortlichen Organe und Einrichtungen, aller gesellschaftlichen Kräfte und ging alle an.

Wir sind es dem Ansehen unsere Ministers auch schuldig, hier und heute  besonders daran zu erinnern, wie energisch er sich für die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit nicht nur in unserem Ministerium, sondern in allen Bereichen von Staat und Gesellschaft einsetzte. Als er 1992 in Berlin-Plötzensee inhaftiert war, ließ er in seinem Interview für den „Spiegel“ an seinem persönlichen Credo keine Abstriche zu: „Wer über die Gesetze wachen will und sollte, der mußte auch die Gesetze beachten, der mußte sie einhalten und verteidigen.“

Nicht nur seine hier anwesenden Mitkämpfer wissen um die Eindringlichkeit seiner Forderung, stets sorgfältig zu unterscheiden zwischen Feinden, und solchen, die sich unfreiwillig in Feindtätigkeit verwickelten oder gegen ihre Absichten missbrauchen ließen. Gleichzeitig machte er auch keinen Hehl aus seiner Haltung: Man kann zu dieser oder jener Frage des sozialistischen Aufbaus eine andere Meinung haben, das ist angesichts der Schwere und Kompliziertheit ganz normal – aber sich deshalb mit dem Feind zu verbinden, mit jener Seite, die vom ersten Tag an auf den Untergang der DDR aus war, das betrachtete er als Verrat an unserer guten Sache – und wohl zu Recht.

Minister Erich Mielke forderte von den Angehörigen des MfS vor allem eine wirksame vorbeugende Arbeit zu leisten. Es gehörte zum Grundanliegen der Staats- und Rechtsordnung in der DDR, Verbrechen und andere unter Strafe stehende Handlungen frühzeitig zu erkennen und vorbeugend zu verhindern.Auch wenn Antikommunisten, Feinde der DDR aller Schattierungen und nicht wenige der sich objektiv gebenden „Aufarbeiter wider besseren Wissens anderes verkünden: Erster Maßstab der Arbeit des MfS war niemals die Einleitung von Strafverfahren und schon gar nicht Freiheitsentzug oder andere repressive Maßnahmen. Maßstab waren in ersten Linie die Erfolge in der vorbeugenden, schadensabwendenden Tätigkeit.

In den IM, in unseren von sozialistischen und humanistischen Idealen motivierten inoffiziellen Mit-Arbeitern, Mit-Kämpfern sah er das Herzstück erfolgreicher Tätigkeit. Die verantwortungsbewusste und feinfühlige Zusammenarbeit mit den Inoffiziellen Mitarbeitern des MfS, den  Kundschaftern und Patrioten an der unsichtbaren Front war dem Minister Herzenssache. Deshalb standen ihr Schutz und die auf den dienstlichen Bestimmungen im MfS beruhende konspirative Zusammenarbeit immer auch im Mittelpunkt der Führungs- und Leitungstätigkeit des Genossen Minister.

Die Inoffiziellen Mitarbeiter haben wir uns bei der Erfüllung der Aufgaben in Aufklärung und Abwehr wesentlich unterstützt. Wir übernehmen für ihre verfassungskonforme und rechtmässige Tätigkeit die politische Verantwortung. Sie sollen wissen, dass es uns schmerzlich belastet, ihr von Vertrauen in das MfS getragenes Handeln nicht ausreichend geschützt und sie deshalb tief enttäuscht zu haben.

Die Tätigkeit des Ministers ist untrennbar verbunden mit dem hohen Stellenwert, den er Aus- und Weiterbildung im MfS und der gesamten ideologischen Stählung der Angehörigen beimaß. Ausbildung und Erziehung mehrerer Generationen junger Mitarbeiter sind mit seinem Namen verbunden. Er war ein wirklicher Freund der Jugend. Minister Erich Mielke hatte im Ministerium – und nicht nur dort – großes Ansehen und eine sehr hohe

Autorität. Sowohl wegen seiner Lebens- und Kampferfahrungen, seiner Treue  zum Marxismus-Leninismus, seiner Prinzipienfestigkeit und Parteilichkeit, seinem Pflicht- und Verantwortungsbewusstseins – kurz: seiner Arbeitsmoral und eisernen Disziplin. Und auch wegen seiner Fürsorge gegenüber den Mitarbeitern, wenn sie Unterstützung brauchten bei so manchen persönlichen Sorgen und Problemen, die dieangestrengte Arbeit zwangsläufig mit sich brachten.

Er verstand es, Menschen in seinen Bann zu ziehen, sie zu begeistern. Er  strahlte Optimismus, Kraft und Lebensfreude aus. Die einprägsamen Worte des jungen Karl Marx machte er zu seiner eigenen Lebenshaltung:“Wenn wir den Stand gewählt haben, in dem wir am meisten für die Menschheit leisten können, dann können uns Lasten nicht niederbeugen, weil sei nur Opfer für alle sind, dann genießen wir keine arme, eingeschränkte, egoistische Freude, sondern unser Glück gehört Millionen.“

Seinen Idealen treu bleibend, erfüllte Genosse Mielke gewissenhaft die Aufträge, stellte er sich mit seiner ganzen Person und Kraft, mit seinem Wissen und Können in den Dienst seiner Partei.

Er war aber auch kein Übermensch, nicht unfehlbar. Die Komplexitität und die Kompliziertheit der Errichtung und des Schutzes der neuen Gesellschaft, die oft harten, uns vor al lem vom Gegner aufgezwungenen Bedingungen, brachten unvermeidlich auch Fehler und Entscheidungen hervor, die sich als ungeeignet oder gar als falsch erwiesen.Er kritisierte und konnte sehr energisch werden, wenn an Aufgaben nicht mit dem erforderlichen politischen und operativen Sachverstand und dem notwendigen Einsatz gearbeitet wurde, wenn es Unehrlichkeit und andere Verletzungen der militärischen und der Parteidisziplin gab, wenn Erscheinungen des Mißbrauchs von Befugnissen, der Routine und des Schlendrians in der Arbeit auftraten und besonders auch dann, wenn er mangelnde Sorgfalt im Umgang mit Volkseigentum, den uns anvertrauten materiellen und finanziellen Mitteln feststellte. Stets ging es ihm da rum, den Auftrag zu erfüllen, die Sache voranzubringen und Vertrauen zu rechtfertigen.

Mit den Worten Feliks Dzierzynskis hat er uns immer wieder ins Gewissen  geredet: „Tschekist sein kann nur ein Mensch mit kühlem Kopf, heißem Herzen und  sauberen Händen. Er muss klar wie ein Kristall sein!“Als Mitglied des ZK der SED seit 1950, später als Kandidat und seit 1976 als Mitglied des Politbüros wirkte er in die Parteiführung. Er war Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR. Seit 1958 gehörte er der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik an. Gerade auch in dieser, seiner Abgeordnetentätigkeit, hatte er ständig Kontakte mit seinen Wählern, mit  den „einfachen Menschen“ – wie er sie schätzte -, mit ihren Sorgen und Problemen. Die regelmäßigen Arbeitsbesuche in seinen vier Wahlkreisen legten immer auch Zeugnis ab vom Vertrauen, das in ihn in und in das Ministerium gesetzt wurden.

Seit frühester Jugend war Erich Mielke nicht nur ein Freund es Sports, sondern auch selbst sportlich aktiv. Das hielt bis ins hohe Alter an, damit hielt er sich fit. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Sportvereinigung Dynamo, die Sportvereinigung der Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR, zu einer leistungsstarken Organisation des Massen – und des Leistungssports. Dynamo war und ist ein Inbegriff für Kinder- und Jugendsport. Aus Dynamo-Clubs gingen zahlreiche Olympiasieger, Welt- und Europameister hervor. Im Fussball wurde der BFC mehrfacher DDR-Meister. Der Eishockeysport in der DDR ist mit dem Namen Erich Mielke verbunden. Ohne seinen engagierten persönlichen Einsatz gäbe es die Schlitten- und Bobbahn in Altenberg und das Sportforum Berlin nicht – wie bekannt, noch heute international anerkannte und genutzte Wettkampfstätte.

Nicht nur als Minister für Staatssicherheit, sondern auch aus seiner  Naturverbundenheit heraus, nahm Erich Mielke seiner Verantwortung für die Ereignisse und Geschicke des Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes Neuhaus sehr ernst. Mit Herz und Seele, mit Wissen und Können widmete er sich persönlich den Erfordernissen der Ökonomie des Forstes, der Pflege des Waldes und der Hege des Wildes. Das hat er immer als Einheit betrachtet. Alte Jagdtraditionen hat er wiederbelebt, gepflegt und gefördert. In seinem Jagdkollektiv, in dieser Gemeinschaft fand er Entspannung, holte er sich Kraft, um seine Pflichten im Dienste für Partei und Staat zu erfüllen.

Für seine Verdienste und seine Arbeit wurde Erich Mielke hoch geehrt und ausgezeichnet. Mit dem Karl-Marx-Orden, dem Orden „Banner der Arbeit“, dem Vaterländischen Verdienstorden, dem Scharnhorst-Orden, dem Orden für Verdienste um Volk und Vaterland. Mehrfach wurde er mit dem Ehrentitel „Held der Arbeit“ geehrt und zweimal als „Held der DDR“.

Im Kampf für Frieden und Sozialismus ist es von entscheidender Bedeutung, in jeder Situation treue Kampfgefährten an der Seite zu wissen. Das war die feste Haltung des Ministers und vor allem auch des Internationalisten Erich Mielke.Im Werk Lenins, in der Entwicklung der Sowjetunion sah er das Unterpfand des Sieges des Sozialismus und des Friedens. Kampfgemeinschaft mit der Sowjetunion, mit den sowjetischen Tschekisten waren ihm Herzenssache.

Vom Präsidium des Obersten Sowjet der UdSSR wurde er mehrfach mit dem  Leninorden und dem Rotbannerorden ausgezeichnet. Erich Mielke erhielt den Orden der Oktoberrevolution und die Medaille „Goldener Stern“. Ihm wurde der Ehrentitel „Held der Sowjetunion“ verliehen. Hoch gewürdigt wurde sein  internationalistisches Wirken durch die Führungen der Volksrepublik Polen, der CSSR, der Ungarischen Volksrepublik, der Volksrepublik Bulgarien, der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, der Sozialistischen Republik Cubas und Vietnams, aber auch Nikaraguas und anderer mit der DDR befreundeter Staaten.

Der Niedergang und der Zerfall der Union der Sozialistischen  Sowjetrepubliken, der Sowjetunion, die er geliebt und verteidigt, für die er sich selbstlos eingesetzt hat, haben ihn zutiefst erschüttert. Auch er konnte die – durch den Zerfall der UdSSR geförderte – Niederlage der Sache des Sozialismus auf deutschem Boden, die Beseitigung der DDR,nicht verhindern.

Es ist belegt, dass er auf der Grundlage der Arbeitsergebnisse des MfS die  Partei- und Staatsführung rechtzeitig und umfassend über auftretende, die innere Sicherheit und politische Stabilität beeinträchtigende, ja gefährdende Probleme, bis hin zu Fehlentwicklungen informierte. Die Informationen, die  Mahnungen, fanden immer weniger die erforderliche Beachtung und Aufmerksamkeit. Sie führten nicht zur Überwindung von politischen Fehlern, von Irrwegen und den zunehmenden Differenzen zwischen SED und Teilen des Volkes.

Tatsachen sind und bleiben:Gemeinsam mit dem Minister des Innern der DDR ergriff unser Minister die Initiative zur Ausarbeitung grundsätzlich neuer rechtlicher Bestimmungen für die Reiseerleichterungen der Bürger der DDR. Von der hohen Verantwortung als Minister für Staatssicherheit war sein Verhalten im Herbst 1989 getragen – besonders bei der Öffnung der Staatsgrenze durch die DDR-Führung und beim strikten Verbot der Anwendung der Schusswaffe.

Nach 1989 standen Erich Mielke und über ihn auch das MfS im Mittelpunkt der Verleumdungen, der Hetze und Lügen – und das hält unvermindert an. Von Rache und Siegerjustiz geprägte Verurteilungen, entwürdigende Haftbedingungen, Aberkennung der ihm zustehenden VVN-Rente und Rentenstrafrecht, Einzug seines von ihm redlich erworbenen Vermögens und damit auch schwerwiegende Eingriffe in die soziale Sicherheit seiner Frau und Familie, konnten ihn nicht brechen.

Er blieb seiner Haltung treu:“Wer sich selbst krümmt, kann andere nicht aufrichten!“Gemeinsam mit meiner Ehefrau habe ich unseren Minister in der  Strafvollzugsanstalt Berlin-Moabit besucht. Er sprach mit uns nicht über seine Haftbedingungen, denen er als damals 87jähriger ausgesetzt war. Nein, er erkundigte sich, wie es den hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern beim MfS geht. Wir spürten, welch großen Schmerz es ihm bereitete, dass er ihnen nicht beistehen konnte, und vor allem, dass sie zu Prügelknaben der Nation gemacht, verfolgt,ausgegrenzt und ins gesellschaftliche Abseits gestellt, persönlich und sozial gedemütigt werden.

Nicht weniger schmerzten unseren Minister Verhaltensweisen, die nicht – wie zu erwarten – von der gegnerischen Seite kamen, sondern von einigen Leuten, die einst das MfS als „Schild und Schwert“ betrachteten und feierten. Aus manchem Absender von Würdigungen, Grußadressen und Wünschen „für weitere erfolgreiche Arbeit“ und „persönliches Wohlergehen“ wurde ein Gewendeter.Ich handle im Sinne unseres Ministers, wenn ich heute und hier erkläre: Mit aller Entschiedenheit wenden wir uns gegen die Entwürdigung von  Bürgern, die auf der Grundlage der Verfassung,der Gesetze und der Rechtsordnung der DDR gehandelt, von Menschen, die die sich aus politischer und humanistischer Überzeugung oder anderen Motiven für die Sicherheit dieser  Republik und den Schutz des Friedens eingesetzt haben.

Liebe Gertrud,

Dein Erich ist nun nicht mehr an deiner Seite. In den schweren Nachkriegsjahren hast Du – selbst organisierte Kommunistin – Deinen Erich kennen und schätzen gelernt. Am 18. Dezember 1948 habt ihr den Bund für das Leben geschlossen. Gemeinsam habt ihr mehr als fünf Jahrzehnte, auch und gerade unter den Bedingungen seiner rastlosen Arbeit und hohen persönlichen Verantwortung, in Liebe und Treue fest zu einander gestanden. Trotz der Anforderungen seiner Partei- und Dienstpflichten habt ihr eine gute und inhaltsreiche Ehe geführt, habt ihr Freude und Entspannung in der wenigen gemeinsamen Freizeit gefunden. Dein Mann war eben – wie er es  auch von anderen forderte – ein Tschekist und deshalb auch immer im Dienst.

Das Wohl seiner Familie lag Deinem Erich und liegt Dir auch in seinem Sinne weiter am Herzen. Liebevoll habt ihr Inge als Eure Tochter in die Familie aufgenommen. Ein herzliches Verhältnis zu Deinen und Erichs Geschwistern, zu den Verwandten war immer Euer gemeinsames Anliegen. Ihr war beide stolz, als Euer Frank geboren wurde und wie er sich zu einem erfolgreichen Arzt entwickelt hat. Seine Heirat mit Marion, ebenfalls eine sehr gute Ärztin, und die Geburt´Eurer Enkelkinder Arlette und Erik ließ Euch gemeinsam besonderes Glück empfinden.

Liebe Gertrud,

ich weiß, daß ich mich in völliger Ubereinstimmung mit Deinem Erich befinde, wenn ich Dir ganz persönlichen Dank sage für Deine Liebe, Deine Fürsorge, für Dein Verständnis an seiner Seite, dem rastlosen Genossen Erich Mielke. Immer hast du zu ihm gestanden, hast ihn trotz Deines hohen Alters und  eigener Erkrankungen betreut und gepflegt, als er mehr und mehr besondere Zuwendung brauchte. Dabei erhieltest Du vielfach Unterstützung von Frank und Marion – und das nicht nur auf medizinischem Gebiet. In solidarischer Verbundenheit betreuten ihn Mitglieder des Solidaritätskomitees für die Opfer der politischen Verfolgung in Deutschland, besonders Werner Engst, Lena und Kurt Andrä, Inge Lange, Klaus Meinel. In Treue standen Hans Carlsohn und viele andere Genossinnen und Genossen bis zuletzt an der Seite des Ministers. Dafür Euch und allen Ungenannten herzlichsten Dank.

Ich kann Dir, liebe Gertrud, versichern, alle diese Freunde und Genossen  werden Dir und Deiner Familie auch weiterhin Hilfe und Unterstützung geben. Du kannst unserer Solidarität immer sicher sein!

Ich erfülle auch gern den Wunsch der Familie, wenn ich Herrn Rechtsanwalt  Dr. König Dank sage – und auch das nicht nur für die erwiesene rechtliche Hilfe und Unterstützung. Dank auch den Mitarbeitern der häuslichen Krankenpflege „Kramer und Kramer“. Trotz aufopferungsvoller Pflege verschlechterte sich der Gesundheitszustand Erich Mielkes. Das machte seine Aufnahme in des Pflegeheim Haus „Kyritz“ notwendig. Dort erhielt er, den humanistischen Idealen und Grundsätzen dieses Hauses entsprechend, eine vorbildliche Betreuung. Dank dem gesamten Kollektiv auch dafür, dass es gemeinsam handelnd persönlichkeitsentwürdigende Angriffe der Boulevard-Presse zurückwies.

Lieber Genosse Mielke,

Viele, sehr viele Beileidsbekundungen richteten Genossen und Freunde,  richteten Weg- und Kampfgefährten, Interbrigadisten, Parteiveteranden, Aktivisten der ersten Stunde und vor allem auch junge Menschen an Deine Familie.Beileidsbekundungen kamen von Parteien, Organisationen und  Vereinen sowie von Freunden aus dem In- und Ausland. Auch sie sind Beweis dafür, wie Du für Dein Leben und Deinen Kampf verehrt und geachtet wirst.

Hochverehrter Genosse Minister Erich Mielke!

Ich versichere Dir im Namen der Deiner, der unserer Sache Treuen, dass wir  Dein Leben und Deinen Kampf stets in Ehren halten.Wir geloben, unserer Überzeugung getreu unbeirrbar weiter für soziale Gerechtigkeit und für Frieden zu wirken, den Lügen die Stirn zu bieten und der Wahrheit zu dienen. Das sage ich in voller Übereinstimmung mit all jenen Menschen, die sich mit „Kopf hoch und nicht die Hände!“ den Erfordernissen der Gegenwart und unverzagt einer sozialistischen und friedlichen Zukunft stellen.

Ruhe in Frieden!

Du bleibst unvergessen!

Ein Gedanke zu „Historisches Dokument: Die Trauerrede für Erich Mielke (1907-2000)“

  1. Ich respektiere die Gefühle Autors , wünsche mir aber , dass er den geschichtlichen Tatsachen realistisch ins Auge blickt und die Janusköpfigkeit von Ideal und Realisierung im Ablauf geschichtlichen Handelns erkennen möge .

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